Games op Kölsch

Die deutsche Spieleindustrie ist für mich wahnsinnig faszinierend. Alle großen Publisher sitzen irgendwo in Deutschland verteilt, doch mehr als Verwaltung und Vertrieb wird in den Büros in Köln, Frankfurt, München, Neu-Isenburg oder Düsseldorf kaum betrieben. Lediglich Ubisoft unterhält mit Blue Byte einen stattlichen Entwickler, mit über 600 Mitarbeitern, in Deutschland.

Umso faszinierender finde ich 2 Aspekte, zum einen die schiere Menge an Studiengängen in Deutschland hierzu und die Tatsache, dass wir in Köln mittlerweile knapp 1600 Menschen haben die in irgendeiner Form durch diese Branche Geld verdienen, von all den Studenten an der School of Games, dem Cologne Games Lab und Pixl Visn ganz zu schweigen. Gerade diesen letzten Punkt, „Köln“ will ich ein wenig beleuchten nicht nur weil ich hier wohne, sondern auch weil sich die Stadt langsam zu einem nicht unwichtigen Standort mausert, doch wieso oder auch warum überhaupt?

Standortfaktor: Mensch

Starten wir also mit einem weniger offensichtlichen Punkt, der kölschen Lebensart. Verwundert? War ich auch. Doch nach jahrlangen Gesprächen auf GameJams, im Lost Level oder auf Panels während der Devcom zeichnet sich ein Bild. Menschen, die nach Köln für das Studium kommen wollen, gerne hierbleiben, nicht wegen des Bieres, sondern wegen den Menschen. Mich freut es und gleichzeitig verwundert es mich, dass es immer wieder genannt wird und gerade internationale Studenten die Chance nutzen wollen hier zu bleiben, statt zurück in ihre Heimat oder in Länder mit besseren Karrierechancen zu ziehen. 

Standortfaktor: Medienhauptstadt & Unistadt

Köln ist nicht nur Dom und Karneval, Köln ist mit dem WDR (und somit auch ca. 20% ARD-Content), RTL und vielen anderen Produktionsfirmen schon seit Jahrzehnten einer der wichtigsten Medienstandorte der Republik. Dadurch bilden sich gewisse Symbiosen, so ist beispielsweise die Firma Flying Sheep Studios (Sitz in Deutz) für diverse Spiele von Toggo (Kindersparte RTL) zuständig gewesen. Zusätzlich werden hier junge Talente ausgebildet, dies hat zum Vorteil, dass diese sich überproportional häufig gründen. Kombiniert mit diversen Startup Programmen, Förderungen und insbesondere dem Cologne Game Incubator bietet Köln zumindest indirekt einige Hilfen, um aus einer Studentenidee ein erstes Produkt schaffen zu können.

Standortfaktor: Standort

Köln liegt geographisch gut:

  • 3 internationale und 2 interkontinentale Flughäfen (Düsseldorf, Frankfurt),
  •  2 große Bahnhöfe mit ICE-Anbindung,
  • mehrere Ballungszentren wenige Autostunden entfernt.

Sei es für Business Trips, Konferenzen, Meetups oder anderen Veranstaltungen der Weg von oder zu größeren Branchenteilnehmern ist kürzer, was sicher hilft, um sich einfacher zu vernetzen oder austauschen zu können, als z.b. aus Rostock oder Konstanz anreisen zu müssen.

Standortfaktor: Events

Der offensichtlichste und gleichzeitig trügerischste Faktor. Auf der einen Seite profitiert die Branche in Köln stark von der Gamescom, gleichzeitig auch nicht. Wie meine ich das? Nun auf der einen Seite sind 390€ für 3 Fachbesuchertickets (Mi-Fr) immer noch günstiger als eine Unterkunft zur Messe und der Weg in das eigene Büro ist kurz. Auf der anderen Seite ist die Gamescom vor allem 2 Dinge, die wichtigste B2B und B2C Messe mindestens auf dieser Seite des Atlantiks. Sie könnte aber auch in Paris, Rom oder New York stattfinden. In welcher Messehalle am Ende die Gespräche oder Verträge gemacht werden ist zumindest für das Studio ohne Publisher nicht von Belang.

Auch die Intel Extreme Masters sind am Ende „nur“ eine e-Sport Veranstaltung. Sowohl bei der Gamescom und den IEM profitieren die Unternehmen hier nur indirekt, durch geringe Kosten oder einfache Networking Möglichkeiten.

Für die jungen Studios sind Veranstaltungen wie die GameDevs NRW Treffen, oder auch die vielen Tätigkeiten des INDIE Hub nützlicher. Da sie sich hier für wenig Geld oder auch kostenlos mit anderen Leuten austauschen und zusammentun können, lange bevor sie einen Publisher suchen müssen oder das erste Mal auf der Gamescom ihr Produkt den interessierten Besuchern zeigen.

Standortfaktor: Bürokratie

Das klang alles bislang gut und fast schon großartig, doch neben positiven Standortfaktoren gibt es auch negative. Der wohl offensichtlichste ist die Bürokratie. Schon Reinhard Mey hat Deutschland gut zusammengefasst: „Von der Wiege bis zur Bahre Formulare, Formulare“. Selbst als Deutscher braucht man da ein Behörde->Deutsch, Deutsch->Behörde Wörterbuch. Für mich als gebürtigen Deutschen mit einfachem Zugang zu Steuerberatern oder Anwälten schon eine Qual. Für Studenten in einem Inkubator oder internationale Studenten? Der unterste Zirkel der Hölle.

Standortfaktor: Finanzierung/Förderung

Wer die Deutsche Games-Branche verfolgt, weiß dass die Förderung ein Leidiges Thema ist. Immer wieder ist der Bundestopf leer, die Listen für Landesförderungen zu voll etc. Hinzu kommt, dass weniger Risikokapital in Europa unterwegs ist. Es ist und bleibt, auf absehbare Zeit schwierig so einfach an Förderung oder Subventionen zu kommen wie in Kanada oder den USA.

Standortfaktor: Mitarbeiter

Jetzt habe ich häufig von Startups oder Indie Studios geschrieben. Warum, weil es hier in der Gegend zu wenig Mittelständige Game-Unternehmen gibt. Es mangelt nämlich weniger an frischen Neuzugängen, sondern an Menschen mit Berufserfahrung oder Spezialisten. Ohne solche Leute ist das Wachstum begrenzt, selbst wenn die Gelder stimmen, nicht jeder benötigte Mensch wird sich aufmachen, um in Deutschland oder gar in Köln arbeiten zu wollen.

Wird das was?

Schwierig, dazu kenne ich einfach zu wenig und außerdem bin ich kein Professioneller Analyst. Es kann aber was werden, zumindest im Wettkampf mit den anderen deutschen Millionenstädten. International werden wir ohne große Studios/Publisher die hier viel investieren noch lange eine Randnotiz sein.